Wie können die Bereiche Wissenschaft, Citizen Science und Natur zusammenwirken, um soziale und ökologische Probleme anzugehen? Diese Thematik stand im Mittelpunkt eines Podcasts, der letzten Sommer von Amsterdamse Bos (Amsterdamer Wald) und dem Athena Institute, einem Forschungsinstitut der Vrije Universiteit Amsterdam, aufgenommen wurde. Vor kurzer Zeit wurde der Podcast veröffentlicht, und angesichts der interessanten Einblicke, die die Teilnehmer geteilt haben - zusammen mit der Erwähnung der NatureSpots Citizen Science App - freuen wir uns, einige Schlüsselmomente in diesem Blogpost hervorzuheben! Außerdem werden wir eine philosophische Perspektive einbringen, die sich auf die Ideen des Philosophen Wolfgang Welsch stützt.
Was bedeutet Natur für Dich? (Podcast Zeit: 00:30)
Die erste Folge des Podcasts könnte nicht mit einer wichtigeren Frage beginnen. „Was bedeutet Natur für Sie?", fragt die Forscherin Baiba Prūse die Waldökologin Sasja Voet und die Professorin Marjoleine van der Meij. „Was ist Natur?" und „Was bedeutet Natur für mich?" sind wahrscheinlich die ersten Fragen und Gedanken, mit denen wir uns konfrontieren, bevor wir an ‚Warum sollten wir die Natur schützen?' denken können. Hier sind die Antworten der Podcast-Teilnehmerinnen:
Ein neues Konzept von Natur im Anthropozän
Für Marjoleine van der Meij ist das Verständnis von Natur die Natur als etwas, das sich entwickelt. Die Vorstellung von ihr als etwas Abgetrenntes, Wildes und vom Menschen Unberührtes gibt es nicht (vgl. Marjoleine van der Meij im Podcast Amsterdamse Bos, Athena Institute). Tatsächlich sind die Auswirkungen unseres Handelns auf die nicht-menschliche Welt so gigantisch geworden, dass es nicht mehr möglich ist, sie irgendwo außen vor zu lassen. In einer Zeit, die man das „Anthropozän" nennt, haben wir es überall mit menschlichen Einflüssen zu tun.
Kultur und Natur (Podcast Zeit: 01:50)
Sasja Voet stellt stattdessen die philosphische Frage nach dem Menschen in Kultur und Natur. Einerseits schafft der Mensch Kultur, andererseits ist er Teil der Natur. (vgl. Sasja Voet im Podcast Amsterdamse Bos, Athena Institute).
Wollen wir hierzu in unserem Blog etwas ins Detail gehen? Unbedingt! Denn der deutsche Philosoph Wolfgang Welsch hat in seinem Text „Design zwischen Konstruktivismus und Realismus" sehr interessante Gedanken zu genau diesem Thema entwickelt. Er würde beispielsweise sagen, dass auch andere Spezies zum einen Kultur schaffen und zum anderen Teil der Natur sind. Andere Spezies haben ebenso Häuser, Architektur, Infrastruktur, Sprachen und Wege, und sie beeinflussen die Erde durch ihre Existenz, genau wie der Mensch. Der große Unterschied besteht darin, dass der Einfluss des Menschen weitaus umfangreicher und intensiver ausfällt. Zugleich scheint der Mensch die einzige Spezies zu sein, die ihren Lebensraum und ihre Lebensressourcen vernichtet.
Die Menschheit und drei Perspektiven auf menschliche Einflüsse (Wolfgang Welsch)
Wie ordnen wir die Menschheit und ihre Einflüsse und Zerstörungen im Anthropozän ein? Für Welsch gibt es drei Perspektiven: die neutrale, die zynische und die ökologische Perspektive.
- Die neutrale Perspektive betrachtet jede Handlung jeder Art, einschließlich des Menschen, als natürlich. Zerstörung ist eine Form der natürlichen Schöpfung und daher legitim.
- Die zynische Perspektive differenziert im Unterschied dazu deutlich zwischen der Natur und dem Menschen: Würde der Mensch aufhören zu existieren, könnte die Natur aufblühen und sich selbst zu einem gesunden Gleichgewicht zurückführen.
- Die dritte und letzte Perspektive, die ökologische Perspektive, geht hingegen davon aus, dass die Erhaltung der Arten, einschließlich der Menschheit, wünschenswert ist. Da aber jede Art von anderen Arten abhängig ist, sollte der Mensch andere Arten und die Natur schützen. Die ökologische Perspektive definiert die Menschheit als in der Lage dazu, ihren Lebensraum zu optimieren und zu schützen, da die wissenschaftlichen und technologischen Möglichkeiten dies zulassen würden - wenn nur der Wille und genug Bewusstsein vorhanden wären. Überraschenderweise steuert die Menschheit auf eine Aussterbefalle zu.
Sind Menschen für Naturschutz verantwortlich?
Die neutrale Perspektive erfordert für Menschen keine besondere Verantwortung zur Erhaltung von Arten und Naturräumen, denn alles, was wir tun, lieben und zerstören, ist letztlich ein natürlicher Akt.
Wenn wir allerdings, wie Welsch, auf die ökologische Perspektive vertrauen, tragen Menschen Verantwortung Naturräume und ihre Arten zu schützen. Und eine Möglichkeit dieser Verantwortung nachzukommen könnte sein, Bewusstsein auszubilden und in der Gesellschaft zu verankern. Welsch glaubt, dass, wenn es uns gelänge, diese Art von Bewusstsein und neue Überzeugungen über den Naturschutz zu schaffen, unsere Kultur Naturräume unterstützen könnte, anstatt sie zu zerstören. Aber nun zurück zum Podcast!
Naturbewusstsein mit Citizen Science Initiativen
Zu einem späteren Zeitpunkt sprechen Baiba Prūse, Sasja Voet und Professorin Marjoleine van der Meij über Citizen-Science-Initiativen und darüber, wie Bürger:innen zu Forschungs- und Erhaltungsmaßnahmen beitragen und die biologische Vielfalt schützen können. Welche Instrumente ermöglichen es ihnen, ihre Naturbeobachtungen zu dokumentieren und für wissenschaftliche Prognosen zugänglich zu machen? Ein Projekt, das von Baiba Prūse erwähnt wurde, ist die NatureSpots Citizen Science App, die auf der SPOTTERON Citizen Science Platform läuft.
Baiba Prūse spricht von NatureSpots (Podcast Zeit 08:00)
Als sich das Podcast-Gespräch zu Citizen Science Initiativen zuwandte, hob Baiba auch die NatureSpots Citizen Science App für Biodiversitäts-Monitoring hervor. Sie erklärte, dass sie eine recht neue Nutzerin sei und die Gemeinschaft und teilnehmenden Citizen Scientists, die an dem Projekt beteiligt sind, sehr zu schätzen weiß. Die Mitglieder helfen sich gegenseitig bei der Identifizierung von Arten und geben sogar Tipps zum Fotografieren von Tieren und zu deren Fundorten. Baiba findet die von der Community geteilten Informationen unglaublich hilfreich und sieht genau darin den großen Vorteil von digitalen Tools und deren Vernetzungsmöglichkeiten. Sie lobte die NatureSpots App als ein wertvolles, und zugleich kostenloses Instrument für abenteuerliche Beobachtungen, für die Erkundung unserer Umgebung und als einen Safe Space für Citizen Scientists. (Vgl. Baiba Prūse im Podcast Amsterdamse Bos, Athena Institute)
Vielen Dank, Baiba, für deinen Enthusiasmus für das Projekt und dafür, dass du von der NatureSpots App in deinem Podcast erzählt hast! Deine Unterstützung bedeutet viel für die NatureSpots-Community.
Was macht die NatureSpots App einzigartig?
Wir glauben zwar nicht, dass die Verwendung einer Citizen Science App zur Überwachung der biologischen Vielfalt die einzige Lösung für den Naturschutz ist, aber können solche Projekte vielversprechend sein, wenn es darum geht, sowohl Bürger:innen, als auch Wissenschafter:innen in die Förderung der biologischen Vielfalt einzubinden. Indem Nutzer:innen ihr Interesse und Wissen einbringen können, helfen uns Citizen Science Apps, Veränderungen in unserer Umwelt in Echtzeit zu beobachten und zu dokumentieren und weitergehend womöglich Problemlösungen auf politischer Ebene einfordern zu können. Gleichzeitig können Citizen Science Projekte dazu anregen, anderen Arten zu helfen. Denn wer Tiere beobachten möchte, der wird auch darauf Acht geben, dass sich diese in seinem Garten wohlfühlen. Welche Pflanzen finde ich in meinem Garten, und wie sieht das im Vergleich zu anderen aus? Die Kategorien der App eröffnen den Raum, der Laien außerdem eine Orientierung geben kann und fördert so die Vertiefung von Wissen und Konzentration bei Tier- und Pflanzenbeobachtungen.
Was also macht die NatureSpots-App einzigartig? Wie Baiba Prūse hervorhob, liegt eine der größten Stärken der App im bei den Nutzer:innen selbst. Ein paar sehr engagierte Citizen Scientists helfen sich gegenseitig und der Community und motivieren einander. Wir möchten diese Gelegenheit nutzen, um uns bei unseren großartigen Usern zu bedanken, die ständig anderen helfen und zu den vielen Artenbeobachtungen beitragen, die das NatureSpots-Projekt so wertvoll machen.
SPOTTERON hat verschiedene Features integriert, um Bürger:innen und Wissenschafter:innen gleichermaßen zu vernetzen und einzubinden. Dazu gehören Push-Benachrichtigungen, das Tagging von Nutzern und eine Kommentarfunktion, die Interaktionen fördern sollen. Ein wichtiges Instrument für das Einbringen von Beobachtungen ist der Taxonomie-Service der App, der Millionen von Arten umfasst und eine breite Palette von durchsuchbaren Datenkategorien bietet. Darüber hinaus ermöglicht die Integration mit Wikipedia-Seiten den sofortigen Zugriff auf detaillierte Informationen über bestimmte Arten direkt in der App. (Alle diese Features sind für andere Projekte ohne Entwicklungskosten verfügbar. Detaillierte Informationen dazu finden Sie in unserem Project Ecosystem Ansatz).
Aktuelle Beobachtungen in der NatureSpots Citizen Science App
Abschließend möchten wir uns bei allen Teilnehmerinnen des Podcasts für ihre interessanten Einblicke und den Austausch ihrer Erfahrungen mit Naturschutz- und Citizen Science-Initiativen bedanken. Wir empfehlen Ihnen, sich den gesamten Podcast hier anzuhören:
Was ist Natur für Euch? Vielleicht wollt ihr es uns in einer Citizen Science App mitteilen?
Ihr möchtet Euer eigenes Citizen Science Projekt starten und erfahren, wie SPOTTERON dabei unterstützen kann? Wir freuen uns auf Eure Kontaktaufnahme!